SPD-Politiker Rolf Mützenich und Erik Stohn reden über die Möglichkeiten, die Kämpfe in der Ukraine zu beenden
Luckenwalde. Er konnte sich gleich wie zuhause fühlen. Im Saal der „Goldenen 33“ am Markt 33 in Luckenwalde wurde dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Rolf Mützenich, erstmal klargemacht, dass er sich hier auf zutiefst sozialdemokratischem Boden befindet. Der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn, der Mützenich zum Gespräch nach Luckenwalde eingeladen hatte, verwies darauf, dass in dieser Stadt noch nach der Machtergreifung Hitlers die SPD bei den Stadtverordnetenwahlen mit 17 von 31 Mandaten knapp die absolute Mehrheit errungen hatten. Außerdem war sie 1933 bei den Reichstagswahlen die einzige Stadt in Deutschland, in der noch mehrheitlich links gewählt wurde.
„Und das Gebäude hier, in dem wir gerade sind“, ergänzte Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide (SPD), gehörte der SPD-nahen Konsumgenossenschaft. „Und obendrein, fügte ihr Mann, der SPD-Kreistagsabgeordnete Detlev von der Heide an, „wurde in Luckenwalde 1868 der erste sozialdemokratische Arbeiterverein in Brandenburg gegründet.“
Rolf Mützenich, Arbeiterkind aus Köln und groß geworden mit der Sozialistischen Jugend Deutschlands (SJD „Die Falken“), einer SPD-nahen Kinder- und Jugendorganisation, wurde es bei diesen Informationen sicherlich ganz warm ums Herz.
Rolf Mützenich (65) kommt aus der westdeutschen Friedensbewegung und gehört zur parlamentarischen Linken innerhalb der mehrheitlich eher konservativen SPD-Bundestagsfraktion. Er sorgte für Furore, als er im Bundestag empfahl, sich auch mal Gedanken zu machen, die Kriegshandlungen in der Ukraine „einzufrieren“.
„Was hast Du damit gemeint“, fragte ihn Erik Stohn, „und ist die SPD überhaupt noch eine Friedenspartei?“ „Ja unbedingt“, schoss es aus Mützenich heraus. „Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Die Frage ist auch: Ist die Gesellschaft überhaupt friedensfähig.“ Den Frieden, so Mützenich, müsse man leben und organisieren. „Kriegshandlungen einzufrieren bedeutet Kampfhandlungen einzustellen und Blutvergießen zu beenden“, sagte Mützenich weiter. Um dahinzukommen bedürfe es großer diplomatischer Bemühungen. Der Krieg könne ohnehin nicht auf dem Schlachtfeld gewonnen werden. Deutschland und insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) leiste seinen Teil bei den Bemühungen, wenigstens einen Waffenstillstand zu erreichen.
Was allerdings die geplante Aufstellung US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Westdeutschland betrifft, merkte man eine gewisse Diskrepanz zwischen dem SPD-Fraktionsvorsitzenden und „meinem“ SPD-Bundeskanzler als Mützenich sagte: „Das ist kein Verwaltungsakt, die Raketen einfach so aufzustellen.“ Zwar rufe die Aufstellung entsprechender russischer Raketen in Kaliningrad eine neue Sicherheitslage hervor, aber: „Wo sind die Risiken? Warum nur in Deutschland? Wer bezahlt das? Wer entscheidet über deren Einsatz?“
Auf den Hinweis von Stohn, dass hier im Osten Deutschlands eine besonders große Sorge um den Erhalt des Friedens herrsche, entgegnete der westdeutsche Mützenich: „Mir werden im Westen dieselben Fragen gestellt. Auch im Westen machen wir uns große Sorgen.“
Zuletzt berief sich Mützenich auf die sogenannte Scholz-Doktrin, wonach Deutschland keine Kriegspartei werden darf, der Konflikt nicht ausgeweitet werden soll und kein nationaler Alleingang unternommen wird.
Mützenich sei froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz aktuell an einer Friedenskonferenz arbeite unter der Beteiligung Russlands und Chinas.