Erik Stohn: Es geht um Wertschätzung, faire Preise und Bürokratieabbau / Heiko Terno: Klarer Unterschied zwischen Landes- und Bundes-SPD / Johannes Funke: Sprecht mit einer Stimme
Dahme/Mark. Mit gegenseitigem Respekt begegneten sich am 9. April Bauern und SPD-Politiker in Dahme, dem Ort, an dem regelmäßig Bauernkundgebungen stattfinden gegen die Beschlüsse der Ampelregierung zur Besteuerung des Agrardiesels. Respekt äußerte der örtliche SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn gegenüber den Landwirten für ihre lebensnotwendige Tätigkeit. Respekt zollten die Gelobten aber auch gegenüber den beiden SPD-Politikern Stohn und Johannes Funke, agrarpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, dass sie sich in die „Höhle der Löwen“ begeben hätten.
Dabei zeigten sich die vermeintlichen „Löwen“ doch recht gezähmt, wobei sie ihren Groll auf die Politik nicht unterdrücken konnten, wollten und auch gar nicht sollten. „Der Beschluss der Bundesregierung kam auch für uns überraschend“, sagte Erik Stohn, der zu dem gut besuchten Dahmer Dialog ins Kloster eingeladen hatte. Inzwischen gehe es auch gar nicht mehr um den Agrardiesel, als vielmehr „um die Wertschätzung, faire Preise und Bürokratieabbau“. Stohn begrüßte, dass der Landesbauernverband der Landesregierung einen Katalog mit 55 Vorschlägen und Forderungen zur Vereinfachung der Agrarverwaltung überreicht hatte: „Daran können wir konkret arbeiten.“
Neben seinem Fraktionskollegen Johannes Funke hatte Stohn als weiteren Referenten den Vizepräsidenten des Landesbauernverbands Heiko Terno, Geschäftsführer des Awo-Reha-Guts Kemlitz, eingeladen. Der wiederholte das Unverständnis der Landwirte: „Wir Bauern sollten mit über einer Milliarde Euro an der Deckung des 17-Milliarden-Haushaltslochs beteiligt werden, obwohl wir noch nicht einmal zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen.“ Man könne nicht einfach mitten im Spiel die Regeln ändern, so Heiko Terno. „Wir merken schon einen Unterschied zwischen der Landes-SPD und der Bundes-SPD“, räumte er ein. „Es war einfach ein Fehler, das Landwirtschaftsministerium an die Grünen zu geben“, so Terno, der sich freute, dass SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke das Thema zur Chefsache gemacht und Kompensationslösungen mit den Landwirten ausgehandelt hatte. „Wir Bauern erbringen dafür Leistungen. Das sind für mich also keine Subventionen“, stellte Terno klar.
„Die Grünen hatten auf dem Landwirtschaftsministerium bestanden“, erinnerte sich der SPD-Landwirtschaftsexperte Johannes Funke. Sonst wäre es nicht zur Bildung einer stabilen Regierungsmehrheit gekommen. Er selber habe nach Ausbruch des Agrardiesel-Streits u.a. mit Erik Stohn die Bundesregierung aufgefordert, die Entscheidungen zurückzunehmen und somit den innerparteilichen Konflikt nicht gescheut. Mittlerweile sei der „halbe Schaden ja wieder eingefangen“, stellte Funke fest. Er riet den Bauern eindringlich: „Verbände haben in der Politik einen sehr großen Einfluss. Die Landwirtschaft erscheint aber mit mehreren Verbänden. Liebe Leute, Ihr müsst mit einer Stimme sprechen!“
Das taten sie – zumindest an diesem Abend – und beschwerten sich über den Vertrauensverlust, unnötige bürokratische Regelungen, mangelnde Planbarkeit, den einheitlichen Mindestlohn, den ungeschützten Markt, der zum Beispiel billige Getreideimporte aus der Ukraine zulasse und die eigenen Preise kaputtmache.
„Bei den Demonstrationen haben alle Bauernverbände gebündelt agiert“, betonte Landwirt Rainer Schacht, der selber SPD-Mitglied ist. Er bedauerte, dass die Bauern in keiner Partei mehr vertreten seien. Dem widersprach Erik Stohn: „Wir haben mehrere Landwirte in unserer SPD-Fraktion!“
Ein Zuhörer, der offensichtlich zu den wenigen Nicht-Landwirten an diesem Abend zählte, meinte, dass angesichts der durchschnittlich 45 Prozent, die die staatliche Förderung des landwirtschaftlichen Betriebseinkommens ausmache, eine Kontrolle durch die Politik schon wünschenswert sei. Terno bestätigte die Höhe des Anteils öffentlicher Förderung: „Stimmt. Dafür haben wir in Deutschland die billigsten Lebensmittel.“
Es gebe klare Regeln, so sprang ihm Funke bei, was der Bauer für die Förderung zu leisten habe. Und der Weltmarkt sei nun mal brutal.
Ein anderer Landwirt verwies auf die Ursache des aktuellen Streits um die Streichung der Agrardieselförderung: „Es war die Klage der CDU gegen den Haushalt. Jetzt reibt sie sich die Hände“, weil sich die Wut gegen die Ampelregierung richte, „obwohl die CDU selber über Jahrzehnte hinweg die Agrarpolitik bestimmt hat.“
Wie dramatisch die Lage der Landwirte ist, schilderte Wilfried Krieg von der Agrargenossenschaft Welsickendorf. Nach seinem Dank an die SPD für die Einladung zu dieser Veranstaltung schloss er mit den Worten: „Ich weiß nicht mehr weiter. Ich weiß nur, wen ich nicht wähle. Da hoffe ich, dass wir alle einer Meinung sind.“ Dafür erhielt er einhelligen Applaus. Von rechten Extremisten grenze man sich klar ab.
Erik Stohn dankte den Besuchern und betonte, dass die SPD weiterhin gesprächsbereit sei. Johannes Funke empfahl den Landwirten, ihre Verbandsrepräsentanten zu stärken. Und Heiko Terno forderte die SPD-Politiker auf: „Geht den Bürokratieabbau richtig an!“
Bildunterschrift: Der örtliche SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn (Mitte) lud zum Dahmer Dialog zur Agrarpolitik gemeinsam mit SPD-Agrarexperte Johannes Funke (r.) und Heiko Terno, Geschäftsführer des AWO Reha-Guts Kemlitz und Vizepräsident des Bauernverbands in Brandenburg.