Sorgen um den Ruf der Stadt / Etwa 500 Berliner AFD-Mitglieder weichen für drei Tage nach Jüterbog aus / Bürgermeister erteilte selbst die Genehmigung
Schon wieder wird Jüterbog Schauplatz eines AFD-Landesparteitags. Es wird bereits das vierte Parteitagswochenende der AFD in diesem Jahr in dieser Stadt sein. Erik Stohn (SPD), Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung, verlangte nach Bekanntwerden des Termins vom „parteilosen“ Bürgermeister Arne Raue Antwort auf die Fragen nach den Einnahmen und ob es einen Zusammenhang gebe zwischen Raues Landtagskandidatur und der Überlassung der Wiesenhalle für mehrere AFD-Veranstaltungen. Dieser droht mit einer Verleumdungsklage.
Jüterbog. Während in der Vergangenheit Jüterbogs Stadtverordnete mitunter Monate warten mussten bis ihre Anfragen beantwortet wurden, ging es jetzt bei der Beantwortung der Fragen zum Parteitag der AFD Berlin ziemlich schnell. Die Wiesenhalle wird demnach von Freitag bis Sonntag (11.-13.10.) an die Berliner AFD vermietet. Dafür erwartet die Stadt gut 6000 Euro an Mieteinnahmen plus Betriebskosten. Der Schulsport wird dafür am Freitagvormittag Einschränkungen erfahren müssen.
Anders als vom Bürgermeister am vorangegangenen Freitag dargelegt, sei aber die Entscheidung über die Vermietung der Wiesenhalle an die AFD nicht durch einen Sachbearbeiter getroffen worden, musste Stohn nun feststellen, sondern durch die Unterschrift des Bürgermeisters höchstpersönlich. Diese erfolgte am 16. September, also kurz vor der brandenburgischen Landtagswahl.
Mit strafrechtlichen Konsequenzen droht Raue in seiner Antwort denjenigen, die ihm Absprachen mit der AFD unterstellen, wonach die rechtsradikale Partei zu seinen Gunsten auf einen eigenen AFD-Kandidaten im hiesigen Landtagswahlkreis verzichtet habe. In allen anderen 43 Wahlkreisen hat die AFD stets eigene Kandidaten aufgestellt. So dränge sich die Frage nach bzw. der Verdacht eines solchen „Deals“ auf, so der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung (SVV) und heimische Landtagsabgeordnete Erik Stohn. Schließlich habe der AFD-Kreisvorsitzende Daniel Freiherr von Lützow bereits in einem RBB-Interview am 19. Juli 2024 Absprachen zum AFD-Kandidatenverzicht zugegeben. Insofern wirke Raues Androhung mehr als befremdlich.
Link zur RBB-Berichterstattung:
AfD überlässt in Jüterbog parteilosem Kandidaten Raue das Feld | rbb24
„Die Brandenburger wie auch die Berliner AFD kommen nirgendwo sonst mehr unter. Wer lädt sich schon freiwillig gesichert Rechtsextreme in die Stadt ein?“, fragt sich Erik Stohn. „Angesichts des nunmehr vierten Landesparteitags-Wochenende einer AFD-Gliederung in Jüterbog allein in diesem Jahr, mache ich mir große Sorgen um den Ruf unserer Stadt.“ Erste Touristen hätten bereits gegenüber einem Jüterboger Gastronomen geäußert: „In ein Nürnberg 2.0 kommen wir nicht!“ (In Nürnberg hielt die NSDAP 1927 und 1929 ihren 3. und 4. Reichsparteitag ab. Nach seiner Machtergreifung 1933 erklärte Hitler Nürnberg zur „Stadt der Reichsparteitage“, die dann dort jährlich bis 1938 stattfanden.)
„Wer Rechtsextremen und Rechtspopulisten freigiebig Tagungsräume anbietet, braucht sich über lauten linken und zivilgesellschaftlichen Protest nicht zu beschweren“, so Stohn.
„Die Nutzungsmodalitäten der Wiesenhalle gehören erneut auf die Tagesordnung der SVV“, so Stohn. „Wir müssen uns die Frage stellen: Sind es uns die Mieteinnahmen wert, die dadurch entstehende Rufschädigung in Kauf zu nehmen?“