Erik Stohn und die FES luden zum Luckenwalder Dialog mit Verteidigungs-Staatssekretärin und Bundeswehr-Kommandeur
Luckenwalde. „Ein schwieriges Wort“, sagte Siemtje Möller und meinte damit den Begriff „Kriegstüchtigkeit“, den ihr Chef Boris Pistorius (SPD) da geprägt hat. Die 40-jährige SPD-Bundestagsabgeordnete steht dem Verteidigungsminister als parlamentarische Staatssekretärin zur Seite und konnte kürzlich als gut unterrichtete Verteidigungsexpertin von der Friedrich-Ebert-Stiftung als Hauptrednerin für den „Luckenwalder Dialog“ gewonnen werden. Das Thema „Zeitenwende für alle: Herausforderungen für Militär und Zivilbevölkerung“ lockte etwa 50 Gäste in den Luckenwalder „Vierseithof“. Der hiesige SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn wolle, „einfach mehr miteinander reden und Argumente auszutauschen. Hinter Verteidigungsfähigkeit können sich sicher viele versammeln, aber nicht hinter dem Begriff Kriegstüchtigkeit“.
Weniger Schwierigkeiten mit dem Begriff „Kriegstüchtigkeit“ als zum Beispiel Stohn hat Oberst Olaf Detlefsen. Der Kommandeur des Landeskommandos Brandenburg war als weiterer Experte eingeladen. Gemeinsam sprachen sie über die Sicherheitsstrategie für Deutschland, die auf die Bundeswehr und die Zivilgesellschaft zukommenden Ausgaben und die Frage, wie man den Frieden in Europa wiederherstellen könne.
Mit der Forderung, dass Deutschland „kriegstüchtig“ werden müsse, habe Verteidigungsminister Pistorius die Frage aufgeworfen, „ob wir überhaupt in der Lange sind, Krieg zu führen, wenn wir dazu gezwungen werden“, so seine Staatssekretärin Möller bei ihrem Impulsreferat. Und sie fragte weiter: „Sind wir denn abschreckungsfähig und wie lange würden wir das durchhalten?“ Mit dem 100-Milliarden-Euro-Sonderprogramm „investieren wir in unsere Sicherheit“, betonte sie.
Man sollte doch hier nicht über Krieg sprechen, sondern über Frieden, forderte eine Zuhörerin. Einem weiteren fehlte das Wort „Diplomatie“. Er bedauerte, dass keine Friedenspolitik wie unter dem damaligen SPD-Kanzler Willy Brandt betrieben werde. „Wir sollten nicht kriegstüchtig, sondern friedensfähig sein“, betonte er und machte die Nato-Osterweiterung für den Kriegsausbruch in der Ukraine verantwortlich.
„Die Verantwortung für den Krieg kann man Russland nicht abnehmen“, entgegnete Siemtje Möller. Es gebe zudem keinen Zusammenhang zwischen Osterweiterung und Krimbesetzung. Die Regierung von Willy Brandt habe seinerzeit deutlich mehr für die Verteidigung ausgegeben, nämlich 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. „Das ist das Gegenteil von Pazifismus. Unter Brandt gab es eine größere Verteidigungsfähigkeit als jetzt“, betonte die Staatssekretärin.
„Wir bereiten uns nicht auf einen Krieg vor“, ergänzte Möller, „wir müssen uns aber darauf einstellen. Unser oberstes Ziel ist, den Frieden, in dem wir leben, zu erhalten. Das ist das, worauf der Kanzler besteht.“ Aufgabe der Streitkräfte sei dabei die Verteidigung des Friedens und nicht der Angriff auf andere Länder, so die Politikerin Möller. „Und wenn auf uns geschossen wird“, ergänzte der Offizier Detlefsen, „dürfen wir nicht weglaufen, sondern müssen in der Lage sein zurückzuschießen.“ Kriegstüchtigkeit bedeute, den Aggressor in einem Gefecht zurückschlagen zu können. Verteidigungsfähigkeit könne man auch dazu sagen. Wenn Deutschland diese nicht wiedererlange, stehe die Freiheit auf dem Spiel.
Dabei gehe es aber nicht nur um die Bundeswehr und ihre Abwehrbereitschaft, sondern „ob wir es als Zivilgesellschaft aushalten, uns damit auseinanderzusetzen“, betonte Möller. „Schließlich haben wir alle Angst vor Krieg.“
Bemängelt wurde von Kreisbrandmeister Silvio Kahle, dass die Zivilverteidigung nicht mehr funktioniere. Und Tobias Krüger, parteiloser Bürgermeister der Gemeinde Am Mellensee wollte wissen, was in diesem Zusammenhang auf die Kommunen zukommt. Da sei noch viel zu tun, räumten Möller und Detlefsen ein. Die zivilen und militärischen Verteidigungspläne müssten einander angepasst werden.
Ein hybrider Krieg in Form von Desinformationskampagnen finde bereits auch bei uns statt, betonte Oberst Detlefsen und riet: „Unterscheiden Sie zwischen Fakten und Meinungen!“
Abschließend betonte Erik Stohn, dass der Frieden hart erarbeitet werden müsse. „Dazu gibt es umfassende diplomatischen Bemühungen, an denen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) maßgeblich beteiligt ist.“