Jüterboger Kommunalwahlforum zeigte, dass man auch gesittet miteinander umgehen kann
Auch wenn die kommunalpolitische Diskussion in Jüterbog oft von verletzendem Schlagabtausch geprägt ist, gingen die Vertreter der verschiedenen Parteien und Kandidatenlisten beim Wahlforum in der Wiesenhalle ganz höflich miteinander um. Das lag auch daran, dass einer fehlte.
Von Hartmut F. Reck (freier Journalist)
Jüterbog. Vielleicht war es ja die gelungene Festwoche zum Jubiläum 850 Jahre Stadtrecht, das Gemeinschaftssinn in das sonst politisch gespaltene Jüterbog gebracht hat. Jedenfalls kam es zu keinen verbalen Explosionen, auch wenn „ein deutlich höherer Druck im Kessel als vor fünf Jahren“ zu verspüren sei, wie es Pfarrer Tileman Wiarda sagte. Er hatte schon vor der letzten Kommunalwahl dieses Forum moderiert.
Es war es dem Pfarrer ein Bedürfnis gleich zu Beginn der Veranstaltung in eigener Sache darauf hinzuweisen, dass die Kirchengemeinde das Stadtfest weder boykottiert noch dazu aufgerufen habe. Die Kritik seines Schreibens habe sich nicht gegen das Fest gerichtet, sondern „gegen eine hier und heute nicht anwesende Person“. Deswegen sollte hier und heute auch nicht über sie gesprochen werden, mahnte er die Diskutanten.
Gemeint war natürlich der Bürgermeister, der durch Abwesenheit glänzte, obwohl er selbst auf seiner neuen Unterstützer-Liste „Jüterbog und Ortsteile“ (JuO) kandidiert, weil ihm seine frühere Fraktion „Wir sind Jüterbog“ (WsJ) frustriert die Unterstützung entzogen hat. Auch fehlte die AFD, obwohl sie für die Jüterboger SVV kandidiert. Sie traute sich wohl nicht.
Anwesend oder nicht hatte der Bürgermeister nicht nur mit JuO-Spitzenkandidat Uwe Meyer ein Sprachrohr, sondern auch mit der Kandidatenliste „Für Jüterbog“ (FJB), deren Frontmann Hendrik Papenroth treu zum Bürgermeister steht. So war es nicht verwunderlich, dass beide die Leistungen der Stadtverwaltung hervorhoben und die nicht gelingen wollenden Projekte vor allem im Kita- und Schulbau übergeordneten Institutionen anlasteten.
Erik Stohn (SPD) gilt als schärfster Kritiker des Bürgermeisters. Er sagte: „Jüterbog galt mal als Perle des Flämings. Leider ist dieser Ruf inzwischen angeschrammt.“ Er plädierte dafür, die Spaltung in der Stadt zu überwinden und nannte als große Ziele den vierspurigen Ausbau der Bahnstrecke von Berlin bis Jüterbog sowie die Erschließung von Forst Zinna zu einem großflächigen Industriegebiet.
Während Christoph Schulze vom Bauernverband (BV) sich sich für eine „parteiunabhängige Sachpolitik“ aussprach, bemängelte WsJ-Sprecher Alexander Struck „durch das Stadtoberhaupt verursachte“ Defizite bei der Sanierung der Kitas in der Stadt und den Öffnungszeiten beim Freibad. Und Maritta Böttcher (Die Linke) bezeichnete die durch den Bürgermeister bewusst verpasste Chance eines Neubaus für die Kita „Glühwürmchen“ als „Schildbürgerstreich“.
Lars Bause vom Bürgerbündnis Jüterbog (BBJ) betonte, dass sich seine Kandidatengruppe vor fünf Jahren gegründet habe, um der „Dominanz des Bürgermeisters“ in der SVV ein Gegengewicht entgegenzusetzen und mehr Transparenz in die Politik zu bringen. Christiane Rößler (CDU) monierte, dass es beim Thema Fuchsberge „keine zufriedenstellende Zusammenarbeit“ mit der SVV gebe.
Gerade was die Entwicklung des ehemaligen Kasernengeländes betrifft, wurde der Verlauf der Gefechtsstellungen innerhalb der SVV wieder deutlich sichtbar. Befragt zum augenblicklichen Sachstand Fuchsberge berichtete Hendrik Papenroth (FJB) etwas geheimnisvoll: „Nun ja. Das wird in der Nichtöffentlichkeit diskutiert.“ Darüber dürfe man nicht berichten. Es gebe wohl Kaufinteressenten.“ Etwa eine Stunde davor hatte er noch gemeint, dass man die kleinen Dinge regeln könne, ohne gleich die Öffentlichkeit daran zu beteiligen. Nur die großen Dinge müssten in der SVV öffentlich diskutiert und beschlossen werden.
Deutlicher wurde Erik Stohn (SPD): „Hier entsteht ein neuer Stadtteil. Das ist ein so großes Projekt, da müssen wir mitentscheiden.“ Leider sei der Bürgermeister der einzige Gesellschaftervertreter in der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. „Das Projekt muss ausgeschrieben und örtliche Baufirmen müssen daran beteiligt werden. Es darf nicht an westdeutsche Großinvestoren unter Wert verkauft werden. Wir haben nichts zu verschenken!“, forderte Stohn. Zufrieden mit dem Verlauf des moderaten Streitgesprächs zeigte sich am Ende Moderator Tileman Wiarda: „Wir wollen jedem unterstellen, dass man miteinander reden kann. Das ist doch, was Kommunalpolitik ausmacht. Heute hat es ja funktioniert.“