Erik Stohn: Sparen verhindert Investitionen – Gustav Horn: Der Staat muss Geld in die Entwicklung pumpen
Jüterbog. „Während US-Präsident Joe Biden Milliarden in die Wirtschaft und in das Gesundheitswesen pumpt, um klimafreundliche Investitionen zu fördern und Medikamentenpreise zu begrenzen, spielt Deutschlands Finanzminister Christian Lindner (FDP) die schwäbische Hausfrau, die jeden Pfennig zweimal umdreht, bevor sie ihn im Sparstrumpf versteckt.“, ärgert sich der örtliche Landtagsabgeordnete Erik Stohn (SPD).
Während Präsident Biden mit seinem Inflationsreduzierungsgesetz in der Wirtschaft für wirksame Impulse gesorgt hat, hakt es nach wie vor mit der hiesigen Wirtschaft. „Wir sind in einer Situation, in der wir massiv Investitionen brauchen zur Absicherung der Daseinsvorsorge“, sagte kürzlich der SPD-Wirtschaftsexperte Prof. Gustav Horn bei den „Jüterboger Gesprächen“, zu denen Erik Stohn unterschiedliche Experten zu verschiedenen aktuellen Themen einlädt. Der ausgewiesene Wirtschafts- und Finanzexperte Gustav Horn sprach zum Thema „Schuldenbremse – Fluch oder Segen?“ Seine Antwort: Fluch – denn: „Überall herrscht Geldmangel, die Infrastruktur verfällt zusehends wie bei der Bahn, den Schulen, der Digitalisierung, wir müssen in neue Energien und Stromtrassen investieren – kurzum: Wir haben eine Menge an Herausforderungen.“
Die Schuldenbremse sei „ein sehr enges Korsett“, stellte Gustav Horn fest. Nur bei Krisen darf sie ausgesetzt werden, wie jüngst bei der Corona-Pandemie. Der vom damaligen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verkündete „Wumms“ wäre ohne Corona nicht möglich gewesen, betonte Horn.
Der liberale Finanzminister Lindner hält dagegen. So heißt es auf der Homepage seines Ministeriums zum Thema Schuldenbremse: „Haben Staaten hohe Schulden, kann das weitreichende Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger haben: zum Beispiel ein schwächeres Wirtschaftswachstum, eine marode Infrastruktur oder steigende Steuern.“ Deshalb gebe es in Deutschland die Schuldenbremse, um zu verhindern, dass die Regierung Geld ausgibt, das sie nicht hat.
Um aber eben das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln und die marode Infrastruktur zu erneuern, müsse Geld ausgegeben werden, betont dagegen Gustav Horn, auch wenn dafür neue Schulden gemacht werden müssten. Um die notwendigen massiven Investitionen zu finanzieren, räumte Horn ein, müssten entweder die Steuern massiv erhöht, oder andere Lösungen gefunden werden. Mit der Schaffung eines Energie- und Klimafonds als Sondervermögen aus nicht benötigten Coronahilfen hätte das funktioniert, was aber das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der CDU untersagt hatte. Die Folge seien massive Einsparungen, so der Finanzexperte, was die Konjunktur schwer belaste. Deshalb fordere die SPD, die Schuldenbremse zu reformieren, was aber auch nur mit der CDU gehe, ohne die es zu dieser Situation gar nicht gekommen wäre.
So werde die Finanzpolitik blockiert. Die CDU lege der Regierung bewusst Fesseln an, und nun beteilige sich auch noch der FDP-Finanzminister daran. In der augenblicklichen Situation gehe es also darum, die CDU und die FDP von einer Reform der Schuldenbremse zu überzeugen. „Einzelne CDU-Ministerpräsidenten sind schon überzeugt, nur die Bundes-CDU noch nicht.“ Er selbst, so Horn, sei sich sicher, dass sobald die CDU wieder mal an der Regierung sei, werde sie dafür sein.
Erschwerend für die Bundesregierung komme hinzu, dass sie sich sofort nach dem Urteil des Verfassungsgerichts danach zu richten hatte, was unter anderem zu nicht genug durchdachten Kürzungsbeschlüssen wie beim Agrardiesel führte. „Normalerweise wird eine ausreichende Übergangsfrist gewährt“, so Horn, „was diesmal leider nicht der Fall war.“
Zur Lösung der Finanzkrise schlägt der Finanzexperte Erhöhungen im Bereich der Vermögensbesteuerung vor. Besonders die Erbschaftssteuer sei ab einer bestimmten Höhe der Erbschaft deutlich höher zu besteuern. Das Elternhaus falle beispielsweise nicht darunter, betonte Horn. Erik Stohn ergänzte, dass unter der Regierung von Helmut Kohl (CDU) der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent gelegen habe und jetzt bei 45 Prozent und es gab sogar eine Vermögenssteuer.
Überhaupt keine Lösungsansätze bietet nach Ansicht Horns die AFD. „Deren politisches Geschäftsmodell sind die Ängste der Bürger“, so Horn, „erst der Euro, dann die Migration, schließlich der Klimawandel, den es nach ihrer Meinung gar nicht gibt, bis hin zum Wolf. Das ist das politische Spiel mit der Angst“, so Gustav Horn.
Stohn ergänzte „Die AFD führt die Menschen hinter die Fichte, ihr Programm lesen hilft. Sie sind gegen Agrarsubventionen, biedern sich aber auf den Demos den Bauern an. Sie sind gegen Arbeitnehmerrechte, Mitbestimmung und Mindestlohn. Sie sind also ganz klar gegen die Interessen der kleinen und mittleren Einkommen.“