„Am besten gleich auflegen“

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Axel Tritt von der Polizei rät Senioren, sich bei Anrufen Fremder gar nicht erst auf ein Gespräch einzulassen

Kloster Zinna. Man kann gar nicht vorsichtig genug sein. Das geht so weit, dass man sich selbst von (angeblichen) Polizisten in Uniform oder in Zivil ihren Dienstausweis zeigen lassen sollte. Wie so ein Ausweis aussieht, zeigte am Dienstagnachmittag, dem 27. April, Axel Tritt von der Polizeiwache Luckenwalde etwa 20 älteren Herrschaften. Sie waren zu seinem Vortrag „Sicher leben im Alter“ ins Konversenhaus in Kloster Zinna gleich neben der Klosterkirche gekommen. Eingeladen hatte der Ortsbeirat gemeinsam mit dem hiesigen Landtagsabgeordneten Erik Stohn (SPD). „Sicherheit ist ein wichtiges Thema. Aber der Staat kann nicht jedem Bürger ein Polizisten an die Seite stellen. Deshalb ist Aufklärung auch ein wichtiger Teil der Verbrechensprävention.“, erklärte Erik Stohn, der ein solche Veranstaltung bereits zum dritten Mal organisierte.

„In Kloster Zinna passen wir aufeinander auf. Als Ortsbeirat ist es uns wichtig, unsere Senioren für dieses Thema zu sensibilisieren.“, erläuterte Andreas Baade.

Ursprünglich sollte die Veranstaltung im Webhaus stattfinden, was die Stadt Jüterbog aber nicht gestattete.

Der Ausweis hat die übliche Scheckkartengröße, ist bläulich, zeigt das Brandenburger Wappen mit dem roten Adler und das Foto und den Vor- und Nachnamen des Polizisten. Weil auch so etwas gefälscht werden kann, riet Axel Tritt dazu, vorsichtshalber erst mal bei der Polizei unter 110 anzurufen und sich die Identität des oder der Polizisten vor der Tür bestätigen zu lassen.

Also, meinte der 57-jährige Polizist: „Lassen Sie niemanden in Ihre Wohnung, der sich nicht ausgewiesen hat!“ Und normalerweise dürfe selbst die Polizei nur mit einem Durchsuchungsbeschluss in eine Wohnung.

Um an das Geld und die Wertgegenstände ihrer Opfer zu kommen, wählten die Kriminellen immer noch die klassische Methode des Einbruchs. Dieser geschehe zu 90 Prozent sozusagen durch die Hintertür, also durch rückwärtige Eingänge wie Terrassentüren oder Fenster. Und das, so Axel Tritt, mittlerweile tagsüber, weil dann meistens niemand da ist. „Das Schlimmste daran ist nicht so sehr der materielle Schaden“, meint Tritt, „sondern der psychische.“ Die Opfer würden sich nach solch einem Einbruch zuhause nicht mehr sicher fühlen und litten unter Angstzuständen. Um sich davor zu schützen, könne man sich vor Ort von der Polizei beraten lassen. Dazu könne man einen Termin vereinbaren, indem man die Wache in Luckenwalde anruft.

Doch noch so sichere Diebstahlsicherungen schützen nicht vor den dreisten Betrugsmaschen wie dem so genannten Enkeltrick, den es in allen möglichen Variationen gibt. Man solle nicht glauben, man sei davor gefeit, warnte Tritt, nur weil man wisse, dass es so etwas gibt. Der Leiter Prävention bei der Polizeiwache Luckenwalde berichtete von einem  bekannten Kriminologen und ehemaligen Landesjustizminister von Niedersachsen, der als Rentner selbst darauf reingefallen sei, weil er sich dermaßen psychisch unter Druck setzen ließ, dass er am Ende den Geldforderungen der Betrüger nachkam.

Von 2020 bis 2022 ist laut Polizeistatistik auf diese Weise in nur drei Jahren bundesweit ein Schaden von 120 Millionen Euro entstanden bei 150.000 gemeldeten Fällen. In der Regel beginnt die Betrugsmasche mit einem Schockanruf, berichtete Tritt: „Da heißt es etwa, dass Ihr Enkel im Ausland einen Verkehrsunfall gebaut habe mit Todesfolge und er nur aus dem Gefängnis komme gegen eine Kautionszahlung von mehreren zehntausend Euro.“

Der erste Fehler, den 50 Prozent der Angerufenen machten, sei, mit dem Anrufer zu reden, berichtete Tritt. „Am besten, Sie legen den Telefonhörer gleich auf“, riet er. „Je länger Sie mit dem Anrufer reden, desto mehr Chancen geben Sie ihm, sich in die Ecke drängen zu lassen.“ Wer unsicher sei, sollte nach dem Auflegen erstmal direkt bei dem angeblich in Schwierigkeiten geratenen Familienmitglied anrufen und sich versichern lassen, dass alles in Ordnung ist.

Ganz perfide gingen die Täter mittlerweile vor, indem sie mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die Stimmen der „Enkel“ nachmachen könnten, sodass es so klinge, als ob der selber anrufe.

Tritt stellte klar: „Es gibt in Deutschland keine Kautionszahlungen. Die Polizei darf kein Geld annehmen. Händigen Sie also keinem angeblichen Polizisten, Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft oder sonst wem Bargeld, Schmuck und sonstige Wertsachen aus!“

Auch soll man nicht auf SMS oder andere Kurznachrichten reagieren, in dem Sohn, Tochter oder Enkel behaupten, eine neue Handynummer zu haben und um Geldüberweisungen bitten. „Einfach nicht reagieren“, riet Tritt. Und wer es zur Anzeige bringen wolle, solle die Nachricht erst mal auf dem Handy lassen, damit die Polizei davon einen Screenshot machen könne. Ansonsten: Alles gleich löschen.

Zuletzt warnte der erfahrene Polizist die Anwesenden sozusagen vor sich selbst. „Wir Älteren müssen uns eingestehen, dass wir nicht mehr so fit sind wie früher.“ Das betreffe auch die Verkehrstüchtigkeit. Deshalb: „Fahren Sie nicht mehr so lange Strecken. Machen Sie mehr Pausen. Kommen Sie lieber eine halbe Stunde später am Ziel an, dafür entspannter.“ Und: „Lassen Sie sich einmal im Jahr von Ihrem Hausarzt auf Ihre Fahrtüchtigkeit untersuchen. Und bedenken Sie, dass sie mit Ihrem Auto viel Schaden anrichten können. Nicht nur sich selbst, sondern auch anderen Menschen.“