Menschliches Leid auf allen Seiten

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Kirchenmusiker aus Jerusalem berichtet über die Situation in Nahost – „Historisch gewachsener unlösbarer Konflikt“

Jüterbog. Von Jüterbog nach Jerusalem ist es ein weiter Weg. Diesen großen Schritt hat Peter-Michael Seifried vor fast drei Jahren gewagt und bis jetzt nicht bereut. Trotz aller Unwägbarkeiten der politischen und kriegerischen Situation, in der sich Israel mit den Palästinensern befindet.
Der langjährige Kantor der evangelischen Kirchengemeinde Jüterbog und gleichzeitig Kreiskantor des Kirchenkreises Zossen-Fläming, Kirchenmusikdirektor Peter-Michael Seifried, hat nach seinem Eintritt in seinen eigentlichen Ruhestand nochmal eine berufliche Herausforderung gesucht und für sechs weitere Jahre in Jerusalem als Kantor der dortigen deutschsprachigen Gemeinde und ihrer von Kaiser Wilhelm II. finanzierten Erlöserkirche gefunden.

Während seines Heimaturlaubs berichtete Seifried auf Einladung des SPD-Landtagsabgeordneten Erik Stohn in Jüterbog von seinen Erfahrungen und Eindrücken über das schwierige Verhältnis zwischen Israel und Palästina, zwischen Juden und Muslimen, zwischen Politikern und Bürgern, zwischen ultraorthodoxen Siedlern und verdrängten Arabern.
Israel, so Seifried, sei seit seiner Gründung 1948 für alle Juden immer ein sicherer Ort gewesen, wo sie nicht befürchten mussten, wegen ihres Glaubens angegriffen zu werden. Seit dem Überfall von Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023 sei das nun völlig anders. „Das waren keine Tiere, wie Israels Verteidigungsminister sagte“, so Seifried, „sondern das sind böse Menschen, die ihr Leben lang aufgehetzt wurden und nur das eine Ziel haben, alle Juden zu töten oder ins Meer zu treiben.“ Verursacht sei dies natürlich auch durch die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik orthodoxer Juden und die ständige Entrechtung der arabischen Bevölkerung. Für den Angriff der Hamas nur ganz Gaza zu zerstören, sei nicht die Lösung, betonte der Kirchenmusiker. Es gebe menschliches Leid auf beiden Seiten, und „keine Seite ist ohne Schuld, und die Schuld verhindert leider eine Lösung des Konflikts.“
Auch eine Zwei-Staaten-Lösung sei keine Lösung, meint Seifried, denn dann müssten all die jüdischen Siedler aus dem Westjordanland „vertrieben“ werden. 1972 waren es nur 1500, heute sind es 486.000, die dort mittlerweile ihre Heimat haben. Das sei nicht machbar, wie überhaupt der ganze Konflikt als „historisch gewachsene Unlösbarkeit“ zu betrachten sei, so das pessimistische Fazit des Israel-Kenners.

„Umso wichtiger ist ein deutsches und europäisches Friedensengagement. Gleichzeitig macht es deutlich, angesichts der tiefen Spaltung zwischen Israelis und Palästinenser, wie wichtig bei uns in Deutschland die Bewahrung des Miteinanders und des Dialogs ist. Mit den Jüterboger Gesprächen schaffen wir diese Dialogmöglichkeit. Am 16. Februar lädt Stohn den Wirtschaftsprofessor Gustav Horn nach Jüterbog ein, um über das Für und Wider der Schuldenbremse zu diskutieren.